HENKE – (Zuviel) Denken raubt nicht immer den Spaß! (Interview)

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Oswald Henke zeigt schon seit vielen Jahren mit seinen zahlreichen Musikprojekten Goethes Erben, Artwork oder auch fetisch:Mensch sein wortwörtliches Können, auch Bücher hat der begabte Dichter und Denker schon zahlreich veröffentlicht.
Die seit 2009 bestehende Band HENKE setzt sich aus insgesamt 5 Herren zusammen, passend zur Veröffentlichung ihres neuen Albums „Maskenball der Nackten“ (s. CDs & DVDs“) hier ein kleiner und interessanter Gedankenaustausch mit Herrn Henke:

SiN: Hallo Oswald, freut mich, dass du dir ein paar Minuten Zeit für meine Fragen nimmst!  Bevor ich mich eurer aktuellen CD zuwende – stellst du bitte einmal kurz vor, wer so alles hinter der Band HENKE steht? Viele reduzieren das immer noch sicherlich ganz schnell nur auf dich?

Oswald Henke: Ja leider nehmen viele Menschen HENKE immer noch nicht als Band war, aber ich denke nach diesem Album wird sich das ändern.
HENKE sind: Benjamin Küfner – Schlagzeug, Tom Bola – Bass, Stefan Söllner – Gitarren, Tobias Schäfer – Keyboards und meine Wenigkeit. Bernd Friebe hat das Album aufgenommen, abgemischt und produziert.

SiN: Euer neues Werk „Maskenball der Nackten“ geht vom ersten Moment direkt ins Herz. Zumindest bei sensiblen Menschen ;). Der Titel ansich ist ja schon recht spannend, nackt impliziert ja eigentlich Offenheit und Ehrlichkeit, wie paßt das denn zu einer Maske?

Oswald Henke: Im Titelstück geht es darum, dass Menschen gerade im Web 2.0 alles sein können, also mehr Schein als Sein. Viele unterliegen dabei dem Irrglaube, dass sie anonym sind. Sie benutzen sozusagen eine digitale Maske als vermeintliches Feigenblatt, aber im Prinzip sind sie nackt.

SiN: Das neue Album wirkt sehr facettenreich und emotional, Text und Musik passen sehr harmonisch zusammen, wirken wie eine homogene Einheit.
Habt ihr die Texte für das Album aus deinem sicher großen Fundus ausgewählt und dann dazu die Musik geschrieben oder hast du dich speziell für dieses Album hingesetzt und die passenden Worte geschrieben?

Oswald Henke: Das war von Stück zu Stück unterschiedlich. Bei manchen Stücken gab es den Text bereits länger, z.B. Dokument 2, andere sind im Zuge der Arbeiten am Album entstanden, z.B. „Ein Jahr als Tag“ oder „Nur allein“. HENKE haben als Band ein Album aufgenommen und jeder war am Entstehungsprozess beteiligt, manchmal gab es den Text als Grundlage aber auch die Musik wirkte auf den Prozess der Wortfindung bzw. deren Umsetzung.

SiN:  Ich möchte ein paar Zitate aus den aktuellen Songs aufgreifen. Die sind mir beim Hören spontan im Kopf geblieben sind und ich würde gerne darüber mit dir plaudern, okay?
Fangen wir an mit:

– DOKUMENT 2Euer Auftaktsong auf der neuen CD geht direkt sehr eindringlich in die Gehirnwindungen;), der Track wirkt sehr traurig, diese kleine, wiederkehrende Klaviermelodie im Hintergrund..“Liebe mich und töte dafür mein Herz“, ein arger Kontrast aus Liebe und Tod, oder?

Oswald Henke: Ich sehe hier keinen Kontrast sondern mehr die Konsequenz. Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zu romantischen Gefühlen, denn letztlich sind diese Gefühle selten ausgewogen und noch seltener auf beiden Seiten sich liebender Menschen gleich stark ausgeprägt.

Liebe kann eben auch erdrückend sein, ein Mensch verschenkt sein Herz und von diesem Beschenkten wird dieses Herz mehr als Fessel empfunden. Manchmal ist es fatal sich in den falschen Menschen zu verlieben, vor allem wenn dieser unfähig ist diese Gefühle zu erwidern.

– VALIUMREGENBOGEN
„Zuviel Denken raubt den Spaß“ – musste im ersten Moment schmunzeln, aber das hat irgendwo auch eine bitterböse Note (das Wissen nahm mir nicht das Lächeln).
Ist das vielleicht deine/eure persönliche Krux? Machst du dir zuviel Gedanken? Ist das gut oder schlecht?

Oswald Henke: Ich bin ein sehr nachdenklicher Mensch dessen Hirn selten zur Ruhe kommt. Wir Leben in einer Spaß/Freizeitgesellschaft und viele Menschen richten ihr Leben nur noch auf Wochenenden hin aus, der ungeliebte Alltag wird nur abgelebt.

Ich bin der Überzeugung, dass beides wichtig ist, Ernst und Spass, man sollte nie vergessen, dass das Leben dazu da ist es zu erleben und nicht nur zeitlich begrenzt exzessiv ausgelebt wird und den Rest der Zeit mehr als Last empfunden wird.
Aber es ist auch wichtig, dass man nicht immer nur alles im Leben analysiert und hinterfragt, sondern manchmal auch einfach nur den Augenblick oder Moment genießt.

– ZEITMEMORY
Bei diesem Track handelt es sich auch um eure digitale Single-Auskopplung, ihr habt ebenfalls einen Videoclip zum Song gedreht, den man sich auf eurer Homepage anschauen kann.

„Gestern bin ich meinem Übermorgen begegnet“ oder der Refrain „Alle laufen rückwärts“, hast du das Gefühl, es geht nicht mehr voran, alle wollen am alten festhalten, sich nicht weiter entwickeln (trotz unserer ach so modernen Gesellschaft)? Natürlich auch möglichst nicht altern?

Oswald Henke: Viele Menschen betrachten ihr Leben nur als Vergangenheit oder suchen zu sehr in der Zukunft, dabei ist die Gegenwart das wichtigste, denn nur in der Gegenwart können wir das Leben aktiv gestalten und spätere Erinnerungen erleben.
Viele Menschen scheinen nur in der Vergangenheit schönes zu sehen, oder sie richtigen ihr Leben so aus, dass sie irgendwann in der Zukunft zufrieden sein könnten, wenn dies oder jenes in ihrem Leben passieren würde.

SiN: Der „Sound“ eurer neuen Scheibe ist überwiegend sehr eingängig und melancholisch, momentan ist ja durchaus gefühlvolle Musik mit  deutschen Texten angesagt. Könntet ihr euch vorstellen, mit dieser CD auch vielleicht im Radio zu landen? Oder ist euch das eigentlich egal? Wobei, viele Menschen erreichen ist ja nicht prinzipiell schlecht 😉 und auch ein Joachim Witt nutzt dafür ja dann auch durchaus die Medien-Maschinerie!

Oswald Henke: Wir freuen uns über jeden Menschen der unsere Musik entdeckt, aber ohne großes Werbebudget ist das kaum möglich, aber wir gehen mit unserem neuen Band/Labelkonzept einen eigenen Weg und versuchen so neue Hörer auf uns aufmerksam zu machen.
Wir hätten also nichts dagegen wenn wir im Radio gespielt werden würden, aber unsere Art von Musik ist natürlich das erste an was private oder öffentliche Sender denken, wenn sie ihr Programm zusammenstellen.

SiN: Eure Fanbase hat die Produktion des neuen Albums sehr stark finanziell unterstützt, ihr Musiker habt selber euer eigenes Label für die Veröffentlichung gegründet.

Was hat euch zu diesem Schritt bewogen, der Versuch, komplett unabhängig zu sein? Ganz speziell für die Fans, die bereits vor Fertigstellung  für „ihre Platte“ quasi gezahlt haben, zu arbeiten?

Oswald Henke: Wir wollten einfach wissen ob manchen Menschen Musik so viel wert ist, dass sie sich an dieser Aktion beteiligen würden. Einem Kreis von ca. 200 Personen war dies etwas wert und sie haben unterschiedliche Unterstützerpakete gekauft und so bei der Finanzierung des Albums geholfen.
m Ende wurden 90% der Produktionskosten „Von Maskenball der Nackten“ so finanziert.
Einen Löwenanteil machten hier die Demo-Song-Versteigerungen aus. Sie allein haben etwa 40% dieser Summe erbracht.

Das war das eigentlich schöne, ich habe wieder Lust bekommen Musik zu machen, da es offensichtlich Menschen gab, denen dies auch viel Geld wert war. Aber man muss auch realistisch sein, am Ende wurde das Album zu 70% von ca. 8 – 14 Personen finanziert.

Für uns als Band war wichtig, dass wir aufnehmen konnten ohne uns in eine Abhängigkeit zu einem Label zu begeben. Wir haben das gemacht weil wir es als Band wollten und das endete auch nicht mit der Abgabe bei Dryland, denn das Album wird auch von einem Bandmitglied promotet und die Band hat entschieden wofür wieviel Geld in Werbung investiert wird.
Wir werden jetzt sehen ob sich das Album im Handel behaupten kann, um das Geld für ein weiteres, drittes Album einzuspielen.

Denn wenn es so ist, dass wir für ein drittes Album erneut auf ein Unterstützer-Finanzierungsmodell zurückgreifen müssen, dann kann es sein, dass Album 3 nur noch für die Unterstüzer erhältlich sein wird. Denn dann ist naheliegend, dass es auch nur diesen ausgewählten Kreis an Menschen interessiert. Dann bräuchten wir keine Werbung mehr machen, keine Interviews geben und nicht viel Geld in Anzeigen etc. investieren.

SiN: Ihr habt auch für eure kommende Konzerttour wieder etwas interessantes, ihr habt VIP-Tickets angeboten, um eure Tour mit zufinanzieren. Jeweils 2 Personen können pro Konzert einen Tourtag mit euch ganz eng verbringen, also auch Backstage Einblicke gewinnen.

Bis auf ein Konzert sind diese Tickets á 150 Euro bereits vergeben – ich bin sprachlos! Hättet ihr so einen „Andrang“ erwartet?

Oswald Henke: Im Prinzip waren diese Tickets bereits weg, als wir diese Aktion verkündet hatten, denn die Anfrage kam aus unserem Unterstützerumfeld, da wir diese VIP Tickets bereits beim 2. Teil der Tour 2012 angeboten hatten, hier aber um das Album mitzufinanzieren. Jetzt wollten viele auch für die weiteren Konzerte dieses Special haben, inzwischen sind alle VIP Tickets vergeben.

SiN: Könnten solche Fanaktionen Schule machen? Viele Bands haben ja zunehmend Probleme mit der Finanzierung einer Tour (als Außenstehender stellt man sich das ja immer so leicht vor!) oder einer neuen CD?

Oswald Henke: Ich denke das muss jede Band für sich selbst entscheiden was sie machen möchte. Wir haben diesen Weg für HENKE gewählt und sind damit zufrieden. Das wichtigste für mich war die gefühlte Wertschätzung für meine kreative Arbeit, die ich durch diese Unterstützeraktion erfahren habe.

HENKE „Maskenball der Nackten“ gäbe es auch sonst nicht, wenn nicht diese Unterstützter das Album möglich gemacht hätten. Am Ende profitiert jetzt jeder potentielle Albumkäufer auch von deren Einsatz.

SiN: Das ihr auf Tour geht, klärte ja schon meine letzte Frage. Gibt es denn noch „normale“ Tickets;)? Was können wir bei so einem Live-„Maskenball der Nackten“ denn so alles von euch erwarten? Ja doch, ich setze Kleidung voraus!

Oswald Henke: Man kann die neuen Stücke vom Album und von der nur auf Tour oder über den Genom Mailorder erhältlichen EP „Zeitmemory“ hören und live erleben. Es gibt auch wenige kurze Rückblicke auf Goethes Erben aber der Schwerpunkt liegt bei HENKE Stücken.

Bei den vier Konzerten um das Osterwochenende wird überdies Lisa Morgenstern als Support fungieren. Von dieser jungen Dame wird man noch viel hören.

SiN: Okay, dann bleibt mir nur noch, euch viel Erfolg mit der tollen neuen Scheibe zu wünschen! Bis bald, liebe Grüsse und viel Erfolg!
(SiN)

„Maskenball der Nackten“ Tour 2013:
23.3. Nürnberg, Der Cult (Kontrastmittel13 Festival)
28.3. Bochum, Kulturbahnhof Langendreer
29.3. Hamburg, Logo
30.3. Görlitz, Nostromo
31.3. Leipzig, Moritzbastei
5.4. Frankfurt a.M., Das Bett
6.4. Antwerpen (B), JCC Zappa
Weitere Infos: http://www.henkeband.de/
Kategorie: Interviews
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