Oh my God! Not My God veröffentlichen neues Album „Obverses“!

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Wer hätte gedacht, dass es drei Alben dieses Projekts geben würde, und ein Ende ist offenbar noch nicht abzusehen? Not My God veröffentlichten aus heiterem, oder besser düsterstem Himmel ihr drittes Full-Length-Album mit dem Titel „Obverses“ und die Promo hätte nicht schlechter sein können.. Aus dubiosen Quellen gelangte die Info zu mir, dass sich da was tut. Im Bandcamp war vor einigen Tagen die komplette Songliste zu sehen, mit Veröffentlichungsdatum, allerdings war von offizieller Seite her (Instagram und Co) bis 1 Tag vor Veröffentlichung NULL angekündigt! Aber immerhin erschien das gute Stück pünktlich und mit großer Spannung ging ich an dieses wahrhaft grandiose Album ran!

Not My God, dies sei vorweg gesagt, ist ein gemeinsames Projekt von Nero Bellum, dem Kopf von Psyclon 9, der nebenbei noch Scores für Filme produziert und unter seinem eigenen Namen Dark Ambiente-Alben veröffentlicht, und Tim Skold, dem fleißigsten Bienchen der Industrial(metal)-Scene. Skold selbst ist eine Art Graue Eminenz, er hat überall seine Finger im Spiel und keiner kennt ihn wirklich. Der Musiker, der ursprünglich aus Schweden stammt, war beispielsweise Gitarrist und Co-Produzent bei Marilyn Manson oder KMFMD, tourt aktuell mit Front Line Assembly, war auch schon mit Psyclon 9 unterwegs, hat Songs für Motionless in White geschrieben und verfolgt nebenbei ebenfalls sein Solo-Projekt „Skold“.

Nun zu „Obverses“!

„Obvers“ meint „verkehrt herum“, „Gegenstück“, und genau darum geht’s in dem Album – ein Gegenstück zum Christentum, das ewige Thema, aber man muss Not My God eins lassen: Während sich die letzte Psyclon 9-Veröffentlichung eher im platten, fast pubertären Antichristentum ergangen hat, ist hier ein wenig mehr Tiefgang zu spüren. Ich kann mir ein Gespräch zwischen Bellum und Skold so vorstellen…. Bellum: „Lass was Böses machen! 666!!!!“ Skold: „Ja klar, aber bisschen mit Style!“ – und genau das wurde es. Was Böses mit Style.

Gleich im Intro-Song „Dead“ reißt uns ein herzrhythmusstörender Beat mit beunruhigendem Geflüster und „666“ (da haben wir es ja schon! Ich bin übrigens nicht ganz sicher, ob das sogar Nero ist, der seinen Cameo-Auftritt hat und „666!“ flüstern darf, auf jedem Album bisher hatte er so einen kleinen Auftritt) aus der Ruhe, die wir vielleicht noch hatten, bevor wir den „Play“-Knopf betätigt haben. Typisch NMG! So sind NUR NMG, unter allen Bands dieser Erde ist nur diese so unverkennbar (und ich verwechsle schon mal einige Bands, selbst welche, die ich gut kenne – aber SO sind NUR NMG!). Skolds Stimme wie immer gequält, ein wenig schräg, dazu fiese Industrial-Sniplets. Straight from hell, thanks. Nach 3 Mal hören hab ich meine Meinung zu dem Song übrigens spontan geändert. BANGER FROM HELL. Diese Klangcollagen am Ende könnten einem krassen Horrorfilm entspringen, die Strophen gehen tatsächlich so ins Hirn, dass man sie mitsingen könnte. Und man ertappt sich beim Refrain Dead – DEAD – 666! – DEAD – 666!, dass man mitsingt. Also ich. Okay. Geht ja mal gut los!

Im 2. Song „Enter the way“ dauert die stolpernde, verwirrende Rhythmik an. Not My God erklären allen den Krieg, die auf was Tanzbares warten. Immer, wenn man denkt, das könnt fast schon was für den Dancefloor sein, stolpert der Rhythmus und das war’s. Suicide-Commando-ähnliche Sequenzen zeigen die Nähe zu dieser Band auf, ohne zu kopieren oder anzubiedern. Ein schleppender, beängstigender Song.

Der 3. Song heißt „Hell is“, und auch hier kann man sagen „Dance is“ – nicht, nämlich, hier hören wir Skold mit verzerrter Stimme. Ein Song mit äußerst unangenehmen Akkorden, alles andere als nice, aber hey, wir sind bei Not My God, wer erwartet denn was Nices? Der Song ist schlichtweg a pain in the ass, und das korrespondiert mit dem Text.

Aber jetzt, oder? Der 4. Song „We of the night“ weckt bei mir die Hoffnung, dass jetzt was kommt, was man im Club mal hören könnte. Children of the night. What sweet music und so. Dementsprechend war ich bisschen enttäuscht, denn der 4. Song ist nicht das, was ich jetzt als „Banger“ bezeichnen würde. Ein dumpfes Intro ohne erkennbare Melodie, der Chorus geprägt von Skolds gequältem Gesang, der Song ist fast episch, ebenfalls sehr langsam, hat fast was von einem Trauermarsch, aber ich werde ungeduldig, so ein bisschen, denn jede Not My God-Veröffentlichung hat auch Songs, die etwas heraus ragen.

Wir sind bei Song 5, „Carnations“. Ebenfalls langsam, bedrohlich, der Gesang wird mit den Halleffekten noch bedrohlicher, als er eh schon ist, allerdings ist mein Finger auf „Skip“, denn es wird langsam ein wenig eintönig. Nach dem Opener hab ich ja schon bisschen mehr Action erwartet. Aber ich bin ja geduldig.

Song 6. Der muss es sein. 666 und so, also wenn es nicht Song 6 ist, dann keiner.

„Deus vult“ heißt er, böses Latein, so fingen die Kreuzzüge an, mit diesem Ruf, das weiß man, und dementsprechend doch jetzt bitte ein Kracher. Und – voila – DA isser! Der Song startet deutlich schneller als die 5 zuvor, ist das etwa tanzbar? Moment, erstmal abwarten. Ja, was für ein fieser Electro-Kracher! Meine Stimmung steigt enorm, denn „Deus vult“ könnte DER Song des Albums sein. Vor Begeisterung hör ich den gleich mehrfach und tanz sogar bisschen herum.

Song Nr. 7 „By means of the angel“ reiht sich wieder in die Songs 2-5 , sehr bedrohlich und schleppend, allerdings sind die Vocals wütender. Sie haben’s mit der Religion halt einfach nicht, das kommt auch in diesem Song heraus, allerdings werden die Lyrics niemals platt. Okay, aber halt „nur“ okay.

„Manifest O“ ist der nächste Song und hello! Düstere Klangcollage mit tanzbaren Rhythmen zwischendrin, aber immer wieder auch unterbrochen, nach dem Motto „Hey, nicht zu viel tanzen hier!“, die Synthesizer-Passagen sind apokalyptisch, kreissägenartige Collagen sägen an den Nerven, aber das hier ist einer der wirklich coolen Songs! Richtig gut gemacht, und auch typisch Not My God.

Mit dem Song Nr. 9, „Unwind the helix“, bescheren uns die beiden gleich den nächsten Kracher. So langsam das anfing, so sehr scheint es sich doch gegen Schluss hin zu steigern. Beim Intro krieg ich das erste Mal krasse Gänsehaut. Hier hört man ganz deutlich, dass Bellum Scores schreibt. Eine unheimliche Atmosphäre wie bei einem Horrorfilm wabert einem entgegen, Disharmonien verstören in einem vollkommen monotonen Klangteppich, in dem Skolds Gesang seltsam deplaciert wirkt (ich hätte mir diesen Song durchaus auch ohne Skold vorstellen können!), aber der Gesang trägt zur Irritation bei, insofern ist er auch nicht deplaciert. Hm. Song des Albums? Es kommen noch ein paar, aber ich leg mich gerade fest: DAS isser. Der Song des Albums. Da kommt nichts Besseres, DAS isser.

„Fear is all“ ist der 10. Song und der holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein eher experimenteller Song, der jeglicher Melodie und Struktur entbehrt (das ist sicherlich Absicht und ich meine das auch nicht negativ! Es ist halt so!), Kategorie „Verstörende Songs von Not My God“. Auch nach dreimaligem Hören empfinde ich den Song als strange, but I love it! Das ist was für einsame Nachtfahrten bei Nebel, kurz bevor dein Auto wegen Treibstoffmangel random in einem Waldstück liegen bleibt und du keinen Handyempfang hast. Know what I mean?

Der 11. Song, „Sands“, haut mich so gar nicht vom Hocker. Ich skippe zum 2. Mal. Langsam, bedrohlich, fies, aber ich brauche keine weiteren Song dieser Kategorie. Kommt, haut noch einen raus!

Das Outro, der 12. Song, heißt „Hyacinth“ und ich weiß, dass der letzte Song entweder der Beste oder der Schlechteste ist. Hier haben wir zum Glück Version 1, es ist nicht „DER“ beste Song, aber einer DER besten Songs! Not My God quasi konzentriert! Da ist alles dabei, was ich so an NMG mag: Tanzbarer, extrem düsterer Electrokracher mit fiesen Flüsterpassagen und gemeinen Synthesizer-Sequenzen, das ist Not My God, und da haben sie ein schönes Stückchen zum Schluss, das mit so mancher Phase, versöhnt, die man eher „überstehen“ musste in diesem Album (oder, ungeduldig wie ich bin, auch schon mal geskippt hat.)

Fazit: Wo Not My God drauf stehen, ist Not My God drin. Jeder, der die ersten beiden Alben mochte, wird begeistert sein. Wer Not My God nicht kennt, könnte über den einen oder anderen Song stolpern oder es über die ersten 5 Songs nicht hinaus schaffen. Aber es lohnt sich, auch für Newbies, hier am Ball zu bleiben. Vielleicht hört ihr euch erst die Anspieltipps an? Ich versichere auch, dass das Album von Hören zu Hören besser wird!

Wem dieses Album gefällt, der tut nichts Falsches, wenn er sich die beiden anderen Alben auch noch anhört. In allen 3 Alben findet ihr Songs, die vielleicht nicht gleich eingängig sind, aber auch echte Smasher. Vergleicht bitte weder Psyclon 9 noch andere Projekte von Skold mit NMG, hier handelt es sich um ein komplett eigenständiges Werk, das nicht mal ansatzweise Ähnlichkeiten zu irgendwas aufweist. Ich kann euch also keine Band oder ein Projekt empfehlen, das sich „ähnlich“ anhört.
Nero und Tim haben etwas komplett Neues erschaffen, und das ist phantastisch!
(Mika Raven)

VÖ: 12.05.2023
Anspieltipps: Dead natürlich! (666!), Deus vult, Manifest 0, Unwind the helix (Gänsehaut!) und Hyacinth
Label: Metropolis Records

Web: https://notmygodofficial.bandcamp.com/
FB: https://www.facebook.com/notmygodofficial/
Instagram: https://www.instagram.com/not.my.god

Kategorie: CDs & DVDs
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