Die 49-jährige Astrophysikerin Frieda Telling glaubt nicht an das Schicksal, ihre ganze Leidenschaft gilt der Astronomie. Doch der schwere Unfall ihrer Tochter Aline an ihrem Verlobungstag wirft sie komplett aus der Bahn. Wieso hat ein ungewöhnliches Geschenk der an Altersdemenz leidenden Oma die junge Frau so verstört? Friedas Nachforschungen führen über einem sowjetischen Gefangenenlager im Jahr 1948 weiter zurück in die Vergangenheit, bis nach Siebenbürgen.
100-Seiten-Check:
Dieser Roman ist wahrlich kein einfaches Buch, muss sich erst vom Leser regelrecht erschlossen werden. Ich hole noch mal kurz inhaltlich aus: Da ist diese klar strukturiert wirkende Mutter, die in ihrem außergewöhnlichen Beruf komplett aufgeht. Dadurch wohl auch nie eine wirklich enges Verhältnis zur Tochter Aline aufbauen konnte. Aline, eine begabte Tänzerin, erhält an ihrem Verlosungstag ein Geschenk von ihrer geliebten Grußmutter Henny. Leider ist die alte Dame mit dem Alter dement geworden und kann sich an die meisten Dinge und Zusammenhänge nicht mehr gut erinnern. Doch ein Stück zerrissener roter Schal muss sie ihrer Enkelin Aline unbedingt zukommen lassen. Der Anblick des Stück Stoffs löst Entsetzen bei Aline aus und führt letztendlich zur Katastrophe. Die talentierte Ballettänzerin läuft vor ein Auto und liegt aufgrund ihrer schwerster Verletzungen im Koma. Mutter Frieda versucht, Licht ins Dunkle zu bringen. Dabei taucht sie zunehmend in die ihr selber nur bruchstückhaft bekannte Vergangenheit ihrer Mutter ein.
Auch der Leser wird zunehmend in den Strudel der Handlung gezogen. Im Mittelpunkt steht dieses Stück Stoff, was mag es für eine tiefere Bedeutung haben? Gab es etwa eine geheime große Liebe im Leben von Henny? Im ehemaligen KZ Sachsenhausen, dass nach dem Krieg als sowjetisches Gefangenenlager genutzt wurde (dieser Umstand war mir bis dato nicht bekannt!), lernte sie Friedas Vater kennen. Doch da existiert in einer Ausstellung in Sachsenhausen auch ein altes Foto aus Siebenbürgen, auf dem Henny als junges Mädchen freudestrahlend mit einem jungen Mann zu sehen ist. Parallel zur Hauptfigur Frieda wird auch der Lebemann und Erotikautor Arno eingeführt, dessen Familie ebenfalls aus Siebenbürgen stammt. Wie stehen Arnos und Friedas Familie in Verbindung?
Interessante und sehr facettenreiche Handlung, nicht nur ein (tragischer) Familienroman und ansatzweise Detektivgeschichte, sondern „nebenbei“ auch Aufarbeitung von deutscher Vor- und Nachkriegsgeschichte. Kein klassischer Unterhaltungsroman für nebenher, hier wird das eigene (anspruchsvollere) Kopfkino schon etwas intensiver angeregt!
(SiN)
Pendo Verlag
gebundene Ausgabe, 480 Seiten
ISBN 978-3-86612-374-8
€ 19,90
VÖ: 15. September 2014
Verlags-Homepage: http://www.pendo.de