Gast-Blogger Mika Jääminen über Home-Office, Jogginghosen und was man so alleine auf dem Sofa machen kann – viel Vergnügen!:
Auch ich bin vom Lockdown betroffen, wenngleich ein wenig diffuser als andere. Lockdown bedeutet konkret für mich, dass seit Mittwoch die Schulen geschlossen haben, ich aber von zu Hause aus Abschlussklassen unterrichte, stundenweise. The real problem: Ich bin nicht der Typ, der strukturiert ist und für den Homeoffice geschaffen. Ich bin der klassische working man, der am Morgen rausgeht, über alle flucht, die noch schlafen (dürfen), und am späten Nachmittag mehr oder weniger zufrieden, aber auf jeden Fall gearbeitet habend nach Hause geht/schleicht/kriecht, je nach Tag.
Nu iss aber Lockdown. Ich muss bzw. darf nicht mehr raus. Ich darf nicht mal am Abend nach 20.00 raus, und zu wem sollte ich auch, entweder sind meine Freunde in Quarantäne oder sie wollen mich nicht sehen, weil ich ja ein Superspreader (Anmerkung: Mika ist Lehrer) bin. Shit happens.
Ich akzeptiere das alles, ich bin ein Verfechter des Lockdowns und der Politik, die die Pandemie eindämmen will (darum geht’s jetzt auch nicht, das weiß jede/r, der mich kennt, darüber will ich nicht schreiben.) Ich will eher über meine Probleme referieren, mich zu strukturieren, in der Hoffnung, dass mir jemand noch Tipps geben könnte oder ich ihm vielleicht, denn ich schreib jetzt mal was zu Lockdown vs. Struktur. (Sorry, keine Absätze, bin am Laptop und der lässt lustigerweise keine Struktur zu hehe, wobei wir beim Thema sind!) [Anmerkung SiN: Aber ich liebe Struktur und Absätze, harhar!]
—– Ich kämpfe mit meinem Tages-Brei, um es mal so auszudrücken. Ich steh bisschen später auf als sonst, penn aber nicht bis in die Puppen. Ein bisschen geregeltes Leben. Egal, ob ich an dem Tag jetzt Onlineunterricht hab oder nicht, ich versuche das beizubehalten: Aufstehen, Kaffee, bisschen surfen, bisschen labern.
Dann wird’s schon kritisch. Normalerweise geh ich duschen und fahr auf Arbeit. Was mach ich hier? Rumsitzen, in Jogginghosen, wohlgemerkt. ICH. Der ich eigentlich die Stilikone schlechthin bin, mit meinen viktorianischen Outfits, meinen industrialstyle-Schuhen, krassen Jacken, alles perfekt in deepest Black, passendes Duftwässerchen dazu, Haare sitzen, Augenbrauen – don’t ask, egal. Was mach ich? Ich sitz in ner ollen Jogginghose, Farbe undefinierbar, in einem ollen Sweatshirt, hellgrün, wenn ihr’s wissen wollt, Haare seit 5 Tagen weder gekämmt noch sonstwas, Brille auf der Nase, weil mir ja eh alles egal ist.
Wenn ich online gehe, der Klassiker: Ich mach wenigstens Kontaktlinsen rein, zieh was Schwarzes obenrum an, unten Jogginghosen, das klassische Online-Business-Outfit. LOL! Ich achte auf schlechte Beleuchtung, dass keiner merkt, wie scheiße ich aussehe. GRÖHL! Ja. Immerhin, und das muss ich mir auf meine Fahne schreiben, geh ich jeden Tag laufen, lange laufen. Bis zu 10 km reiß ich runter, dann dusch ich ausführlichst, und dann – zieh ich ne Jogginghose an. Hab neulich gewaschen, im Keller hingen 6 verschiedenfarbige Jogginghosen und ebenso viele Hoodies. In Rot, Blau, sogar Weiß. Keiner im Haus würde ahnen, dass das MEINE Wäsche ist , normalerweise, wenn ich wasche, ist der Keller schwarz. Whatever.
Ja und ich spiele Gitarre. Beiß mir die Zähne an fiesen Skold-Riffs aus, mach so lange, bis ich es kann (die armen Nachbarn. Pech.) Ich koche gesund. Vegetarisch, vegan, ich koche. Süppchen, Auflauf, Salate – immerhin. Und ich saufe. Die Sammlung meiner leeren Flaschen ist enorm, ich bring sie immerhin weg, damit ich sie nicht sehen muss. Das ist was, was ich nie getan hab: Der Finne hat sogar ein Wort dafür: Allein auf dem Sofa in Unterwäsche saufen. Kalsarikännit.
Jo. Egal. Ich versuche nicht in Depressionen zu verfallen, versuche mich aufzuraffen, aber ich fühle immer mehr, dass mir alles egal wird. Der Klassiker. Wofür soll ich mich anziehen, wofür soll ich mich stylen, wofür soll ich mich aufraffen? Es ist Lockdown. Wir sind im Krieg. Ich bin im Schützengraben. Die Soldaten haben sich auch nicht gestylt, so denke ich, und mach mir n Bier auf.
What I really want to say: Keine Ahnung. Ich mach jetzt Listen. Listen, was ich zu tun gedenke. An jedem Tag. Was ich erledigen will. Heute: Haare färben. Vielleicht betreibe ich Make-up-Missbrauch. Ich will irgendwas machen, was mich bewegt, in irgendeiner Form. Der Lockdown-Brei verschlingt mich wie ein Morast, ich gebe nach, ich gehe unter. Sonst. Wenn ich nicht was tu.
Mir ist bewusst, dass ich andere Probleme hab als jemand, der eine Familie um sich rum hat. Das brauch ich auch nicht hören, das WEISS ich. Das hilft mir genau so viel wie wenn mir meine Mutter früher gesagt hat, dass arme Kinder in Afrika hungern, wenn mir das Essen nicht geschmeckt hat. Es löst mein Problem hier nicht. Das Problem, das ich den Eindruck habe, ich kann mich gehen lassen und keiner guckt mir zu dabei.
Ach, fuck it. Fuck 2020. Fuck Covid. I’ll be back.
(Mika Jääminen)