Das mich mal eine Band so richtig packt, ist eigentlich eher selten. Auch habe ich meine musikalischen Vorlieben, die eher Richtung Gothic Rock, Pagan Folk und Cold Wave gehen. Doch anno 2024 auf dem WGT im Felsenkeller traf ich zufällig auf eine female-fronted Pagan Metal Band, die Gitarre und Schlagzeug mit Hackbrett und Maultommel kombiniert, auf Tirolerisch vom Lebenszyklus sang – und die mich vom Fleck weg begeisterte.
Nach dem exzellenten, vier Jahre alten Debüt „Ufång“ liegt nun mit „D´Muata“ ihr zweites Album vor
Kurz (sagen wir zwei CD-Durchgänge) brauchte ich dieses Mal schon, da „D´Muata“ noch unkonventioneller als „Ufang“ daherkommt. Auch direkt, nach einem knapp 1,5 Minuten langen folkloristisch anmutenden Intro, mit einem (fast durchwegs) harten Black Metal Brett als Opener daherkommt! Doch „Vom Verlanga“, so der Titel von Track 1, hat aber eben auch seine gefühlvollen Seiten. Wen wundert das jetzt bei DEM Titel ;). Im Refrain zeigt Sängerin Frau Percht auch immer mal ihre warme und gefühlvolle Stimme. Und genau das ist es, dieser Wechsel aus unglaublich hart und brachial, mit zarten, zerbrechlichen und harmonischen Momenten (nicht nur beim Gesang), der mir so zu Herzen geht!
Ich möchte jetzt gar nicht auf jeden Song einzeln eingehen. Bei „D´Muata“ handelt es sich wie beim Vorgänger auch wieder um ein Konzeptalbum. Während sich Erstling „Ufång“ kongenial und sehr zu Herzen gehend dem Zyklus des Lebens widmet, stellt das aktuelle Album ein weibliches Manifest dar. Hört Euch dazu gerne mal das nur aus beschwörendem Klar-Gesang und Gitarre bestehenden Song „Heiliges Bluat“ an, um das zu verstehen. Gefolgt von „Hebamm“, das erst sehr transzendental-folkloristisch hereinschwebt, bis es wieder ordentlich losbrettert :)! Danach sorgen die Songs „Wehenkanon“ und „Ausbruch“ für Aufsehen..
Übrigens ist Frau Percht tatsächlich eine Tiroler Hebamme – wundert tat mich diese Info nun irgendwie gar nicht…
Einen Song muss ich noch mal speziell hervorheben, denn „Långtuttin & Stampa“ ist gesanglich wirklich brachial-archaisch, guttural. Das muss für die Stimme auch eine unglaubliche Belastung sein (ich denke ja immer schnell fürsorglich, woher kommt das nur..). Diesen Track würde ich kleinen Kindern nicht unbedingt kurz vor dem Schlafengehen vorspielen 😉 . ICH würde MIR das nicht kurz vor dem Zubettgehen vorspielen 😀 !
Långtuttin & Stampa sind übrigens zwei Hexen, denen laut Sage eine besondere Vorliebe für kleine Kinder nachgesagt wurde…
Natürlich habe ich mir beide Alben in der Variante mit Hardcover Book geholt. Kann ich wirklich empfehlen. Die sehr wertig gefertigten Büchlein enthalten neben der CD und einer Bonus-CD (bzw. aktuell einer Live-DVD) alle Texte (wichtig, denn hier wird ja mit Tiroler Dialekt gesungen!) und vielen spannenden Hintergrundinfos in Deutsch und Englisch und vielen Bandmember-Fotos.
Enthalten ist auch ein Exklusiv-Interview im Zuge der Masterarbeit „Female Agency im Black Metal: Subversive Aneignungen“ von Nadja Sophia Seiler , BA mit Frau „Julia“ Percht. Sollte man sich ruhig mal mit beschäftigen, in Ruhe lesen.
Schon alleine diese liebevollen Bücher zeigen, mit wie viel Liebe zum Detail diese Band ihre Musik und ihre Liebe zur Spiritualität inszeniert. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich schätze so etwas sehr. Beides, Musik und Spiritualität.
Daher hier meine Bitte auch an Nicht-Blackmetal-Hörer*innen (wie mich 😉 ), gebt diesem Werk mal eine Chance. Da ist viel Zartheit und Gefühl in diesem Werk, dass Menschen, die mit dem Herzen hören, auch mal über die eigenen vermeintlichen Grenzen blicken können, einfach nahegehen muss.
Ich bin sehr großer Fan. Schuitaschluss der Schwesterschåft!
(SiN)
VÖ: 14.06.2024
Anspieltipps: Vom Verlånga, Heiliges Bluat, Hebamm, usw. 🙂
Label: Prophecy Productions
Web: https://perchta.tirol/
FB: https://www.facebook.com/perchta.band
Instagram: https://www.instagram.com/perchta.band/